Mittwoch, 25. März 2020

Leseprobe "Interview mit dem Ministerpräsidenten"

Liebe Freundinnen und Freunde,

nach langer Zeit habe ich mal wieder eine kleine Leseprobe aus meinem neuen Buch, welches voraussichtlich im August 2020 erscheinen wird, für euch.

Dieses Buch trägt den vorläufigen Titel "Bitter und Schwarz" und ist mit vielen satirischen Kurzgeschichten ausgestattet.

Wie immer, wird das Buch als Taschenbuchausgabe und als Ebook bei den meisten Online -Plattformen wie Amazon etc. und im stationären Buchhandel (Büchereien) zu erwerben sein.

Nun wünsche ich euch viel Vergnügen mit dieser Kurzgeschichte.



Interview mit dem Ministerpräsident
(noch nicht lektoriert)

Die Scheinwerfer strahlten grell auf. Alle drei waren geschminkt, nur auf Lidschatten und Lippenstift hatte man verzichtet.
»Herr Ministerpräsident, wir danken Ihnen dass sie sich so spontan für dieses Interview zur Verfügung gestellt haben.«
Verhaltener Applaus aus dem Publikum.
Der Ministerpräsident, »aber Herr Kolbe, das ist doch selbstverständlich und ich verstehe es auch als meine Pflicht, mich meinen Wählern und Nichtwählern zu zeigen.«
Der zweite Interviewer, Herr Meise fragte spitz, »was fällt Ihnen zu Ihren fallenden Umfrageergebnissen ein, Herr Ministerpräsident? Das kann Sie doch nicht glücklich machen?«
Der Ministerpräsident fletschte kurz die Zähne, ehe er sich besann und in einen jovialen Plauderton verfiel.
»Nun sehen Sie Herr Meise, Ihre Frage nach dem glücklich sein beinhaltet ja auch den unausgesprochenen Gedanken nach dem unglücklich sein. Meiner Meinung nach, kann man nur glücklich sein, wenn man das unglücklich sein mindestens einmal erfahren hat. Mit einem Satz; mal gehts runter und mal gehts rauf.«
Kolbe und Meise sahen jetzt beide eher unglücklich aus, rafften sich aber schnell wieder auf.
»Herr Ministerpräsident, wir führen ja jetzt schon seit einiger Zeit eine vehemente Klimadebatte. Die einen sagen so, die anderen anders. Wie ist Ihre Haltung zu diesem Thema?«
Mit dieser hinterhältigen Frage wollte Meise seinen Interview-Kollegen Kolbe ausstechen, um zu zeigen, wer hier der Chef im Ring war.
Des Ministerpräsidenten Augen verengten sich zu zwei kleinen Schlitzen, als er sich eine Zigarette in den Mund steckte, die ihm die Regieassistentin aber sofort, nachdem sie einen beherzten Hechtsprung vollbracht hatte, noch im Flug aus dem Gesicht schlug. Das brachte ihr den Regieassistentinnen-Sonderapllaus des Publikums ein und einen beherzten Tritt gegen ihr Schienbein vom Ministerpräsidenten, der aber sofort so tat, als wäre es nur ein Versehen gewesen. Er gab ihr links und rechts ein Küsschen auf die Wange, ehe er ihr versteckt, für niemanden sichtbar beherzt in den knackigen Hintern kniff.
Meise lächelte verhalten süffisant, »nun Herr Ministerpräsident? Nachdem wir das Rauchverbot hier in unserem Studio durchgesetzt haben, bitte ich um eine Antwort zu meiner Frage.«
Der Ministerpräsident ließ sich Zeit und betrachtete genüsslich seine Finger die gerade herzhaft zugekniffen hatten, ehe er sich räusperte, »Nun Herr Meise, Debatten werden ja immer von unterschiedlichen Meinungen oder Einschätzungen geprägt. Dazu sind sie schließlich da. Meine feste Meinung, ja meine felsenfeste Überzeugung ist ein sowohl als auch.«
Diese Antwort ließ Kolbe die Möglichkeit, dem Meise die Zunge auszustrecken, denn jetzt lag der Ball eindeutig bei ihm und Meise guckte traurig aus der Wäsche.
»Wenn der Herr Ministerpräsident sich vielleicht präzisieren könnte?« Kolbe war in seinem Element.
Der Ministerpräsident schaute Kolbe bissig an, «wie meinen?«
»Ja bitte, wo steht ihr sowohl und in welche Richtung bewegt sich Ihr auch?« Kolbe war ein bissiger Tiger und ließ nicht locker.
Der Ministerpräsident sah den Meise unglücklich und um Hilfe flehend an. Der war aber gerade mit seinem eigenen Problem, der Filzlaus Kolbe vollauf beschäftigt und grinste nur blöde vor sich hin.
»Nun Herr Ministerpräsident«, Kolbe ließ nicht locker, »wenn Sie sich bitte zu einer Antwort auf meine Frage herablassen könnten.«
»Aber ja, sehr gerne doch Herr Kolbe. Für Sie doch immer, wie lautete Ihre Frage doch gleich?«
Jetzt sah Meise den Zeitpunkt gekommen, die Leitung des Interviews wieder an sich zu reißen und wollte mit dem Interviewten kurzfristig eine auf die Sendezeit beschränkte Koalition eingehen um Kolbe in die Opposition zu drängen.
»Bitte entschuldigen Sie die ungeschickte Fragetechnik meines Kollegen Herr Ministerpräsident. Eigentlich wollte Kolbe Sie fragen, ob Sie den Sommerurlaub oder die Winterferien vorziehen?«
Der Ministerpräsident erkannte den Wink mit dem Zaunpfahl sofort und sprang auf den Zug auf.
»Es freut mich ungemein Herr Meise, dass Sie mir diese Frage stellen, denn es ist mir ein wirkliches Bedürfnis, Ihre Frage ganz klar, mit einem sowohl als auch zu beantworten.«
Meise lächelte still in sich hinein. Er war sehr stolz auf das gerade erhaltene Lob und legte ungeschminkt nach.
»Ich interpretiere Ihre wirklich erschöpfende und auf den Punkt gebrachte Antwort also richtig, Herr Ministerpräsident, wenn ich sage, Sie ziehen den Sommerurlaub den Winterferien vor, wenn es in den Alpen keinen Schnee mehr gibt?«
Der Kopf von Kolbe lief rot an und er erwachte aus seiner kurz genommenen Apathie. Bissig, mit gepfletschten Zähnen, die eine mangelhafte Qualifizierung seines Zahnarztes offenbarten, grätschte er so vehement dazwischen, dass es ihm nur mit Mühe gelang, auf seinem Sessel kleben zu bleiben.
»Das ist eine unverantwortliche und darüber hinaus unhaltbare Hypothese Herr Meise. Jedes nennenswert erschlossene Skigebiet in den Alpen verfügt über diese modernen Schneekanonen, die geradewegs zu einer Touristenattraktion geworden sind. Das wiederum kann nur zur Folge haben, dass den Alpen der Schnee niemals, ich sage es hier ganz ausdrücklich, niemals der Schnee ausgehen kann.«
Der Ministerpräsident, dessen Dentist im prowestlichen Teil Nordkoreas promoviert haben musste, strahlte mit blitzblankem Gebiss in die Kameras, nachdem sein persönlicher Assistent ihm noch schnell eine Schneebrille und eine Pudelmütze aufgesetzt hatte.
»Ganz genau liebe Wählerinnen und Wähler. Den Alpen wird der Schnee niemals ausgehen und ich versichere Ihnen, dass auch der Nordsee das Wasser niemals knapp werden wird. Dafür werde ich meine ganze Kraft und all meine Energie einsetzen, dass auch Ihre künftigen Badeurlaube in unserem schönen Heimatland auf Jahrzehnte hinaus abgesichert sind.«
Kolbe sah seine Felle den Bach runtergehen und witterte eine hinter der Hand geschlossene Allianz zwischen Meise und dem Ministerpräsidenten, die ihn zermalmen könnte, wenn er nicht sofort den Hammer des Thor aus dem Sack ließ.
»Dieses Versprechen, mein liebes Publikum ist reine Makulatur und dreistester Wahlkampfsprech. Wie wir alle wissen, ist der Nordpol eben gerade, vollends abgetaut und die Nordseeküste beginnt jetzt knapp fünf Kilometer nördlich von Düsseldorf. Ein solches Versprechen, wie es der Ministerpräsident eben abgegeben hat, erübrigt sich also. Das hat der Nordpol schon für ihn eingelöst und erledigt.«
Meise überlegte blitzschnell, wie er den Ministerpräsidenten davon überzeugen konnte, dass er für ihn als zukünftiger Pressesprecher, sollte er zum Bundespräsidenten aufgestiegen sein, erste Wahl wäre.
»Wie Sie den Ministerpräsidenten einmal wieder in ein schlechtes Licht stellen wollen Kolbe, lässt mich eine unsägliche Charakterschwäche an Ihnen erahnen. Haben Sie denn ganz und gar den enormen Wirtschaftsaufschwung in und um Düsseldorf herum vergessen? Die Kaufkraft der Scharen von Holländern und Belgiern, die dort nach neuem Grund und Boden suchen, ist gewaltig. Dass wollen Sie doch nicht allen Ernstes von der Hand weisen?«
Der Ministerpräsident schwieg, lächelte still und selbstgefällig in sich hinein. Sollten doch andere die Schlacht für ihn schlagen, schließlich war er Vollblutpolitiker.
Empört schnellte Kolbe aus seinem Sessel hoch, die Hände zu Fäusten geballt.
»Und was ist mit unseren armen Mitbürgern aus dem hohen Norden? Haben die nicht auch das Recht weiter im Süden eine neue Heimat zu finden? Aber der ist ja jetzt mit Ausländern so bevölkert, dass für unsere Landsleute kein freier Platz mehr ist.«
Der Ministerpräsident feixte kurz die Regieassistentin an, als er sich an ihren Knackpopo erinnerte und fühlte sich befleißigt, das Wort zu ergreifen, denn schließlich waren ja auch die, die noch auf offener See verkehrten oder schwammen potenzielle Wähler.
»Aber meine Herren, als die Tsunamis überhand nahmen und ich die latente Gefahr erkannte, habe ich sofort gehandelt und umgehend in Auftrag gegeben, Familienfreundliche und für jeden Geldbeutel erschwingliche Flöße zu bauen. Dass sich hier leider Lieferengpässe ergaben, war höhere Gewalt, da die Floßbauer nicht auf die riesigen Forstgebiete in der Lüneburger Heide zurückgreifen konnten, die ja schon Land unter waren.«
Kolbe wollte sich nicht mit Ausreden abspeisen lassen.
»Und was ist mit dem bayerischen Wald? Warum haben Sie denn den nicht umgehend abholzen lassen? Hatte es vielleicht damit zu tun Herr Ministerpräsident, dass Sie nebenbei im Aufsichtsrat der Schlauchboot-Bau AG sitzen und ihr Schwiegersohn Inhaber der Gummi & Kautschuk GmbH ist?«
Der Ministerpräsident lief tiefrot an im Gesicht und hatte Glück, in Meise einen Fürsprecher zu haben, der die Chance erkannte, jetzt und hier sein Bewerbungsplädoyer für den Posten des Pressesprechers zu halten. Er sah dem Ministerpräsidenten schwer verliebt in die Augen, um sich in seinem Herzen einzuprägen.
»Das Dilemma mit dem bayerischen Wald Herr Kolbe, können Sie unserem Ministerpräsidenten aber nun wirklich nicht in die Schuhe schieben. Die Bayern brauchen ihr Holz selber, die rechnen in Kürze mit dem Abtauen des Südpols und bauen damit wehrhafte Palisaden zum Schutz vor den Horden, die aus dem Süden bei ihnen einfallen könnten. Außerdem verwehre ich mich dagegen, meinem lieben Ministerpräsidenten unterjubeln zu wollen, irgendwo oder für irgendwen Lobbyarbeit verrichtet zu haben. Nein, das wäre eine grobe und ungeheuerliche Unterstellung, so etwas tut er nicht, nicht mein geliebter Ministerpräsident.« ...mehr in meinem: Buch der Satiren - Bitter und Schwarz.


Wie gewohnt etwas für ein besseres Wohlbefinden. Die wirkungsvollsten Yoga-Übungen mit Angelika Doerenberg, meiner Yoga-Lehrerin.