Montag, 14. Dezember 2020

Corona und trotzdem leben

 



Liebe Leserin, lieber Leser,

der Dezember in diesem Jahr gestaltet sich zumindest hier in Düsseldorf, grau in grau. Genauso empfinde ich die Stimmung der Menschen um mich herum.

Ob beim Einkauf für den täglichen Bedarf oder einfach nur auf der Straße oder im Stadtwald bei einem Sonntagsspaziergang bemerke ich eine um sich greifende Depression, bei manchen Apathie bei anderen wieder eine fatalistische Grundeinstellung.

Nein, ich gehöre nicht zu den Corona-Leugnern. Aber ich weigere mich schlicht, mich den oben beschriebenen Gemütszustanden zu ergeben.

Sicher, ich befinde mich als Autor in einer vielleicht privilegierten Situation. Ich benötige nicht so viele Menschen beziehungsweise soziale Kontakte. Wenn ich meine Geschichten schreibe und daraus ein Buch produziere, muss ich schon aus Gründen der Konzentration für mich alleine sein. Den meisten anderen geht es hier sicher ganz anders.

Familienfeste, mit Freunden eine Party machen, ja sogar eine nette Unterhaltung mit der Nachbarin oder dem Nachbarn sind wegen Corona und dem zu erwartenden "harten Lockdown" auf ein Minimum beschränkt oder sogar ganz unmöglich geworden.

Meine Bitte an Sie: Lassen Sie sich nicht unterkriegen. Suchen und finden Sie andere Wege um zumindest ein Minimum an sozialen Kontakten, eine kleine Unterhaltung oder ein Kennenlernen zu ermöglichen.

Das Internet bietet uns hier viele Möglichkeiten.

Im Focus las ich, das man beispielsweise Yoga zu Zweit machen darf. Das hat mich überrascht und gefreut.

Wie Sie aus meinen Posts wissen, betreibe ich Yoga mit und bei Angelika Dörenberg, die ausgebildete Yogalehrerin ist und mich bei unseren Online-Stunden immer wieder auffrischt, meinen Geist wieder klar macht und mich aufsuchen wollende Depressionen fortscheucht.

Nebenher lernte ich während der Online-Termine auch einige interessante Menschen kennen, denen ich ansonsten niemals im Leben begegnet wäre. Dem Internet ist es gleichgültig wo wir leben und wohnen, es führt Menschen einfach über einem PC-Bildschirm online zusammen. 

Ich kann Ihnen nur empfehlen sich nicht zu verkriechen, sondern gerade jetzt für sich aktiv zu werden. Etwas für sich, Ihren Körper, Ihren Geist zu tun und wie ich, nebenher während der Kurse spannende und interessante Leute kennenzulernen.

Neben Yoga bietet Angelika auch Qi Gong-Kurse Online an. Was Yoga oder Qi Gong für Sie persönlich bewirken können, wird sie Ihnen sicher gerne selbst erklären. Schreiben Sie ihr vielleicht eine Email mit Ihrer Frage, das kostet nichts und tut nicht weh.

Hier einmal zwei Demo-Videos. Einmal Yoga und einmal Qi Gong.

Yoga




Qi Gong



Wenn Sie sich jetzt einen Ruck geben möchten, habe ich noch zwei Links zu den jeweiligen Kursangeboten für Sie. Und zuletzt auch den Link zu Angelikas offizieller Webseite.






Mein Tipp für Sie: Schauen Sie sich alles in Ruhe an und entscheiden Sie sich für das Leben. Es ist Ihr Leben.

In diesem Sinne grüßt Sie herzlich,

Michael Uhlworm

Sonntag, 15. November 2020

Leseprobe: "Das Gerücht" von Michael Uhlworm

 


Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wo steht geschrieben dass eine Kurzgeschichte möglichst kurz sein muss? Natürlich, wenn sie in einer Zeitschrift erscheinen soll, muss man schon Zeilenvorgaben einhalten ansonsten würde sie den Rahmen sprengen. Während meiner Autoren-Ausbildung wurde ich darauf trainiert 60 - 80 Zeilen nicht zu überschreiten. Tat ich es doch einmal, bekam ich die Geschichte umgehend und unbenotet zurück um sie entsprechend zu kürzen. 
In meinen Büchern sind meine Kurzgeschichten häufig recht lang. Zwanzig bis dreißig Buchseiten sind keine Seltenheit. Die benötige ich auch, ganz besonders bei den Satiren. 
Die Leseprobe hier unten ist eine von denen, in der ich aus der Harmlosigkeit in eine bedrohliche Atmosphäre bis hin ins Absurde und Aberwitzige überwechsele. Sie stammt aus meinem Buch: "Schöne Aussichten - bei diesen Nachbarschaften!" Teil 1

Bitte entschuldigt die vielen Werbeeinblendungen, ich weiß, sie können nervig  sein. Doch leider sind mir in diesen Corona-Zeiten sämtliche, fest gebuchten Lesungen weggebrochen und abgesagt worden. Trotzdem muss irgendwie Butter aufs Brot. Aber so geht es z.Zt. den meisten Freischaffenden und ich kenne einige, die verzweifelt nach anderen Möglichkeiten suchen um irgendwie an ein Einkommen zu kommen. Also liebe Freundinnen und Freunde: Es ist nur Werbung auf die ich keinen Einfluss habe, die aber nicht weh tut. Besuchen Sie auch meine Seite "meine Bücher und eBooks".

Ich wünsche viel Vergnügen.
Michael Uhlworm


Das Gerücht


Als Hausmeister muss man seine Antennen nach allen Seiten ausrichten und ständig auf Sendung sein, wenn man nicht von etwas überrascht werden wollte, das einem unter Umständen gehörig gegen den Strich ging.

Schon seit Tagen lag dieses Wispern in der Luft, dessen Inhalt sich mir nicht offenbaren wollte. Doch es war eindeutig da, wie das elektrisierende Knistern erhitzter Luft, die sich jeder Zeit rasant entladen konnte.

Manchmal war das Kommende, sich anschleichende Unheil beinahe greifbar, wenn es sich in ausweichenden Blicken oder dem Wechseln der Straßenseite bei einer zufälligen oder sich anbahnenden Begegnung aufflackernd zeigte und um die Ecke lugte.

Mein Radar signalisierte mir eindeutig, dass eine Gefahr im Anzug war, der ich mich stellen musste. Doch wo und wie sollte ich mich aufstellen oder mich ihr entgegenstellen, wenn ich doch noch nicht die geringste Ahnung hatte aus welcher Richtung sie auf mich zurollen würde?

Keine Frage, ich musste die Ursache, den Grund dieser in mir widerstreitenden Gefühle herausfinden, bevor ich überhaupt in irgendeiner Weise aktiv werden- oder auch nur daran denken konnte, irgendwelche Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Ich ahnte nur eines, es hatte mit meinen Mietern in der mir anvertrauten Wohnsiedlung hier zu tun. Warum sonst gingen mir persönlich bekannte Menschen aus dem Weg, die ansonsten immer aufgeschlossen für einen kleinen Plausch mit mir waren. Die mit Freuden eine kleine Denunziation vom Stapel ließen, oder mit verstecktem Spott über eine Nachbarin herzogen, die öfter Herrenbesuch bekam als ihr, oder ihrem guten Ruf, guttat.

Manche steckten mir schon mal eine Tafel Schokolade zu um einen kleinen, nett gemeinten Bestechungsversuch bei mir anzubringen wie beispielsweise eine Klosettschüssel gegen eine mit größeren Radius auf Kosten der Wohnungsgesellschaft auszutauschen, weil der Hintern der Angetrauten jetzt über die alte hinweg schwappte, seit sie ihre hundertste Diät abgebrochen hatte, was ihr ein unangenehmes Sitzen verursachte, das ihr wiederum grässliche Launen machte, die ihm wiederum die Freuden eines Fußballspiels im Fernsehen nahmen.

Oder auch nur, um hinterrücks darum zu bitten, den Rauhaardackel des Nachbarn unauffällig in meine Mikrowelle zu bugsieren und die auf eine Stunde bei Höchststufe einzustellen, weil der einem immer vor das Schienbein pinkelte, wenn er sich bei einer Begrüßung überschwänglich freute und man die Reinigungskosten für urindurchnässte Beinkleidung über war, man selber aber dem ansonsten netten Nachbarn mit makellosem Gewissen sein Beileid über diesen schmerzlichen Verlust aussprechen wollte.

Alle die, mir lieb und teuer gewordenen Menschen entzogen sich mir, indem sie schnell um eine Ecke bogen und so taten, als hätten ihre Weitwinkelobjektive mein Nähern nicht wahrgenommen hatten Angst, nur wovor?

Ich musste offensiv werden. Ich musste sie stellen, einen nach dem anderen nur so konnte ich wieder Herr über eine Situation werden, die mir entglitten war. Ich benötigte eine gute Tarnung, die ein Vorzeitiges entdecken meiner Person und damit einhergehend die Möglichkeit eines rechtzeitigen Entkommens verhinderte.

Ich kramte in meinen Schränken.

Die Sonnenbrille.

Nun war das Wetter mit tief stehenden Wolken nicht unbedingt sonnenbrillengerecht, aber wie viele berühmte Persönlichkeiten von der ersten Klasse bis zum Z-Sternchen der Regenbogenpresse trugen aus ästhetischen Gründen, die bei manchen durchaus angebracht waren sogar im Dämmerlicht Sonnenbrillen.

Der dunkle Trenchcoat mit den Schulterklappen.

Nun war der ein wenig aus der Mode, machte aber in detektivischer Hinsicht durchaus Sinn, wenn man dem Ensemble aus Sonnenbrille und Trenchcoat noch eine Pfeife aus Meerschaum hinzufügte.

Sandalen oder Boots?

Das war keine so einfache Entscheidung. Als Hausmeister trug ich immer robuste Schuhe mit einer Stahlkappe vorne drin. Man sollte harte Dinge, die der Schwerkraft gehorchten, nicht unterschätzen und so eine Stahlkappe kann durchaus die ein oder andere Zehe vor Schaden retten, wenn da was gefallen kommt. Somit schieden die Boots wegen zu großer Ähnlichkeit mit den Arbeitsschuhen aus. Blieben also nur noch die Sandalen, die hellbraun waren und meine Zehen nicht schützen konnten. Eine perfekte Tarnung für untenrum also. Wer vermutete schon einen Hausmeister in hellbraunen Sandalen auf sich zuschlurfen zu sehen?

Ein Hut, meine Frisur konnte mich durchaus verraten.

Hier war die Entscheidung sehr einfach. Erstens besaß ich, außer einer schwarzen Wollmütze gar keine Kopfbedeckung und zweitens verkleidete ich mich zu Karneval immer als Cowboy und trug selbstredend einen dunkelbraunen Hut mit breiter Krempe der Marke Stetson mit dazu.

So stand ich vor dem Spiegel meines Schlafzimmerschrankes und betrachtete das, was mir seitenverkehrt gegenüberstand und erkannte mich selbst nicht wieder.

Eine Mischung aus Indiana Jones, einem Trenchcoattragenden Jeti und Kommissar Maigret war das, was aus mir geworden war. Ich war stolz auf mich und meine Tarnkünste. Meine Ermittlungen konnten beginnen.

So gewandet begab ich mich auf die Straße und veränderte selbstredend und ganz automatisch meinen Gang. Den Kopf zog ich zwischen meine Schultern, was mir einen kleinen Buckel auf den Rücken machte. Die Hände vergrub ich Tief in den Manteltaschen und das rechte Bein zog ich ein bisschen nach, was meinem Schritt etwas schlurfiges gab. Ich kam etwa zweihundert Meter weit.

Ein Streifenwagen hielt neben mir.

»Polizei, hallo, Sie da! Bleiben Sie bitte mal stehen.«

Layla. Sie baute sich breitbeinig vor mir auf. Die Handschellen an ihrem Gürtel schaukelten einladend hin und her und die Pistole in ihrem Halfter ließ für Kompromisse keinen Raum..

»Zeigen Sie mir bitte ihren Personalausweis. Sie haben doch einen dabei, oder?«

Ihre rauchige Stimme, die Pistole und die baumelnden Handschellen an ihrer Seite, bildeten eine Szene aus einem Kriminalfilm ab, dessen Titel mir gerade nicht einfiel.

Ich flüsterte beschwörend:

»Bitte Layla, ich bin es, der Tino. Bitte lass meine Tarnung nicht auffliegen.«

Ihr Blick war Misstrauen und Verwunderung zugleich.

»Tino? Habe ich Karneval verpasst oder observierst du?«

»Observieren ist nicht der richtige Begriff, ich ermittle eher«, gab ich mich professionell.

Das erkennende Leuchten ihrer blauen Augen, produzierte Begreifen.

»Okay, gegen wen richten sich deine Ermittlungen, kann ich dich unterstützen?«

Sie zwinkerte mir kollegial zu.

»Ich habe noch nicht die geringste Ahnung Layla. Deswegen meine Verkleidung, die Leute hier sollen mir unvoreingenommen begegnen und nicht sofort den Hausmeister in mir erkennen.«

Sie prustete verstohlen.

»Tino, du siehst aus wie ein Berber vom Jahrmarkt. So bekommst mit Sicherheit keinen Kontakt zu irgendwem hier. Eher vernageln die ihre Fenster, wenn sie dich sehen.«

Da war was dran, musste ich ihr und mir eingestehen. Aber schließlich wollte ich ja auch keinen Nachbarschaftsplausch führen, sondern nur aus sicherem Versteck beobachten, was sich um mich herum tat.

Layla war klug. Sie tat so, als hätte sie mich überprüft und alles wäre in Ordnung. Sie hob ihre Hand zum Gruß an den Schirm ihrer Dienstmütze.

»Dann noch einen schönen Tag der Herr.«

Ich schlurfte weiter, meine Blicke nach links und rechts werfend. Da, ein erster Abfalleimer an der Straßenlaterne. Die Bewohner hier warfen keine Pfandflaschen in die öffentlichen Abfalleimer hier, das Pfandgeld brauchten sie selber. Einen angenehmen Nebeneffekt hatte das auch, es verirrten sich keine Obdachlosen oder Rentner mit Mindestbedarfseinkommen aus anderen Wohngegenden nach hier. Es gab hier einfach für sie nichts zu holen.

Aber aus detektivischer Sicht sind öffentliche Müllbehälter manchmal eine wahre Fundgrube, wenn die Ermittlungen noch nicht über einen Anfangsverdacht hinausgegangen sind. Ein Täter müsste doch gebauchpinselt sein, entsorgte er etwa das Corpus Delikte im eigenen Mülleimer vor dem Haus.

Ich sicherte meine Umgebung mit schnellen Blicken in alle Richtungen und durchwühlte den Müllbehälter. Was war das?

Ein zerknüllter gelber, bedruckter Handzettel. Gelbe Handzettel sind mir immer verdächtig. Nun ist die Farbe gelb nicht so eine starke Signalfarbe wie rot, doch signalisiert sie oft eine Gefahr, die über ein latentes Empfinden hinausging.

Ich strich in glatt und las:

Wehrt euch Bürger!

Wir lassen uns nicht aus unseren Wohnungen rausschmeißen und von hier vertreiben. Setzt dem Wohnungskapitalismus der Immobilienhaie ein Ende. Unser Viertel gehört uns und nicht den Russen oder Chinesen oder sonst wem von irgendwo!

Ich erschrak. Wen meinte der Verfasser? Von welchem Viertel war die Rede? Was hatte es mit Wohnungskapitalismus auf sich? Und was sollte der Vorwurf an Russland oder China?

Nun, ich erinnerte mich an ein paar ältere Russlanddeutsche, die hier wohnten und ihre Rente verjuxten und an ein Pärchen mit zwei Kindern aus Vietnam, er Fensterputzer und sie Reinigungskraft im Krankenhaus. Beides fleißige Leute. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die, die alten Russen und die beiden Vietnamesen in einer konzertierten Aktion irgendwen aus ihren Wohnungen werfen und vertreiben wollten.

Die Angelegenheit wurde mir immer nebulöser.

Gedankenverloren schlurfte ich weiter, den Handzettel hatte ich in meiner Manteltasche vergraben. Ich entdeckte den Kiosk, ich war mir gar nicht bewusst, dass ich schon so viele Meter gegangen war. Aber es war gut so, ein Wasser konnte ich jetzt gut gebrauchen.

»Hallo Julio, hast du bitte eine Flasche Wasser für mich?«

Der alte Italiener musterte mich kritisch und zunehmend argwöhnisch, als er überlegte, wer ich denn sein könnte..

»Hast du überhaupte Geld dabei? Wer bist du überhaupte eh? Ich geben null Kredit an nix und niemande. Basta Signore.«

Natürlich, in meinem Aufzug konnte er mich ja nicht erkennen.

»He Julio, ich bin es, der Tino, der Hausmeister. Ich bn nur ein wenig verkleidet.«

Ich hob meinen Hut ein Stück und lupfte die Sonnenbrille so, dass er meine Augen sehen konnte.

»Isse nicht war. Du Tino, eh? Was mache du in dem Kostüm? Isse Karnevale? Nix isse Karnevale, bisse im falsche Jahr. Party finito und vorbei. Capito?«

Sein Italodeutsch war herzzerreißend und ich musste lachen.

»Ich weiß Julio, aber mein Kostüm ist eher eine Art Tarnung. Ich muss wissen, was in unserem Viertel los ist. Alle Mieter hier, auch die die mich gut kennen, gehen mir seit Tagen aus dem Weg. Niemand will mit mir reden und ich mache mir ernsthafte Sorgen. Weißt du vielleicht Näheres Julio? Du bekommst doch hier im Kiosk allerhand mit.«

Julio nahm ein Glas aus dem Regal hinter sich und begann, es mit einem Handtuch heftig zu polieren. Dabei sah er angestrengt zu Boden und hauchte das Glas ab und zu an um es noch heftiger mit dem Handtuch zu malträtieren. Er sagte kein Wort.

»Julio, du musst mir nicht den Sizilianer geben. Jetzt komm schon du Möchtegernmafiosi, spuck es schon aus, was ist hier los?«

Doch Julio blickte an mir vorbei zur Straße hinaus, als wäre ich Luft, dabei pfiff er eine traurige Arie aus einer italienischen Oper vor sich hin.

Es war zwecklos, ich hätte schon eine peinliche Befragung bei ihm durchführen müssen um ihn zum Reden zu bringen.

Ich verließ den Kiosk und Julio mit wirbelnden Gedanken im Kopf über die Mafia im allgemeinen, effiziente Foltermethoden und dem unangenehmen, ja drohendem Gefühl eines sich nahenden Unheils.

Ich musste mich Rückversichern und rief Rebecca Sanches, eine Vertraute, die unter anderem für Neumieterbetreuung zuständig war und in der Firmenzentrale saß.

»Hi Rebecca, Tino hier, alles klar bei dir?«

Ich wollte erst einmal unverbindlich klingen und auf Zwischentöne achten, bevor ich mit der Tür ins Haus fiel. Schließlich wollte ich mich mit meinem unguten Gefühl nicht lächerlich machen. Nachher galt ich noch als Paranoid.

»Schön von dir zu hören Tino. Ja, bei mir ist alles tippitoppi. Was kann ich für dich tun? Brauchst du mal wieder Infos über eine neue, heiße Mieterin? Ich sage nur ein Wort: Datenschutz.«

So weit war es schon mit mir und meinem Ruf als Weiberheld. Natürlich hatte sich meine Vorliebe für Nora herumgesprochen, die auf der Johannstraße 13 im Dachgeschoß wohnte.

»Nö meine Liebe, mir ist im Moment noch keine aufgefallen. Es ist nur so, als Hausmeister ist man irgendwie auch Einzelkämpfer und auf sich alleine gestellt und hat manchmal Sehnsucht nach seinen netten Kolleginnen in der fernen Zentrale in einer unbekannten Galaxis.«

Sie lachte süffisant auf und wurde verschwörerisch leise.

»Nun mein kleiner Astronaut, wie sollte ich dir von so weit nur näherkommen können? Haben Sie da eine Idee Captain Kirk?«

Nichts!

Da war nichts zwischen den Zeilen herauszuhören. Rebecca verhielt sich wie eh und je. Kein Rauschen, kein Wispern, alles klang so stinknormal. Vielleicht war der Gedanke einer sich anbahnenden Paranoia bei mir doch nicht so abwegig.

»Keine Idee. Ich bieg dann mal wieder in meine Umlaufbahn ein. Bis bald Rebecca.«

Ich legte auf.

Natürlich hätte ich noch Kurt Haber anrufen können, Rebeccas Chef und so etwas wieein Freund von mir, seit ich ihm durch Zufall zu dem Posten als Leiter für Neuvermietungen verholfen hatte. Aber das war mir dann doch zu heikel.

Es ging auf den frühen Nachmittag zu und die Straßen waren immer noch menschenleer. Ich fühlte mich wie in einer Geisterstadt in Kalifornien im neunzehnten Jahrhundert, nachdem alles Gold geschürft und auch die Dirnen abgezoogen waren, als ich hinter mir ein Geräusch gewahr wurde.

Erschrocken drehte ich mich um und konnte nicht fassen, dass sogar ein Elektroauto in dieser unnatürlichen Stille, lärmend wie ein Schnellzug daherkam. Auf dem Dach befand sich ein Lautsprecher. Auf der Motorhaube stand: Mogelhammer, der Baumarkt Ihres Vertrauens.

Ich war noch mit der Frage befasst, was ein Elektroauto eines Baumarktes mit einem Lautsprecher auf dem Dach bedeuten konnte, als es plötzlich loszuplärrte:

Ab morgen Supersonderangebote. Stabile Holzplanken in jeder Größe verfügbar. Der Meter nur 99 Cent. Extrastrake Stahlschrauben im Megapack für nur 2,99 Euro. Selbschussanlagen mit Gummigeschossen, importiert aus Bulgarien nur 99 Euro. Blendgranaten aus Beständen der ehemaligen NVA, das Stück nur 5 Euro. Überwachungskameras ..., weiter kam die Werbedurchsage nicht.

Sie wurde von lautem Gedröhn und Getöse übertönt und das Elektroauto links und rechts von Motorrädern einer bekannten Rockergang aus der nahegelegenen Kreisstadt überholt, eingekeilt und zum Anhalten gezwungen.

Glatzköpfige Rocker mit Langhaartoupets rissen die Wagentüren auf und zerrten zwei anzugtragende, schwachprotestierende junge Männer aus dem Wagen.

Einer der Rocker wollte sich in den Kleinwagen zwängen, musste sein Unterfangen aber wegen seiner Muskelmasse, deren Herstellung viel zu kostspielig für den Wagen, der für japanische Durchschnittsmänner oder mitteleuropäische Frauen ausgelegt war, einstellen und einem Juniorrocker von geschätzten dreizehn Jahren, den Vortritt lassen.

Der Lautsprecher kreischte, als er mit dem eingeschalteten Iphone des Juniorrockers rückkoppelte. Die Fenster der Häuser blieben verschlossen und dunkel.

Jetzt endlich erklang die nörgelige, jugendliche Stimme des Nachwuchsrockers aus dem Lautsprecher:

Hört zu ihr armen, wehrlosen Mieter! Wir, die Hardcore Flippers aus der Kreisstadt nebenan beschützen Euer Haus, Hof und Heim. Hier kommt kein Fremder, kein Feind herein.

Pro Nase kostet Euch unser Superschutz nur 100 Euro. Zahlbar in Bar, Keine Schecks. Verstanden? Also, ihr armen und wehrlosen Mieter ...,weiter kam er nicht.

Ich hatte dieses Geräusch, als es noch aus der Ferne kam nicht richtig einordnen können, obschon es mir irgendwie bekannt vorkam.

Doch jetzt war mir sonnenklar, was da vom Himmel kam ...weiter geht es im Buch





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Dienstag, 10. November 2020

Leseprobe: Reich und Arm oder Macht und Ohnmacht

 Liebe Leserinnen und Leser,

"Reich und Arm, Macht und Ohnmacht" ist der Titel einer aktuellen, satirischen Kurzgeschichte aus meinem Buch "Buch der Satiren - bitter bis schwarz", von der ich Ihnen eine kleine Kostprobe hier gebe. 

Die Geschichte mag zum Schmunzeln anregen, vielleicht bei manchen auch ein Kichern hervorrufen. Doch eigentlich ist sie bitter Ernst gemeint, gerade in Zeiten in denen sich das Kapital immer öfter und unverblümter auf die großen Haufen setzt, währenddessen sich viele in unserer Gesellschaft für kleines Geld verschachern müssen, um überhaupt über die Runden zu kommen. Ein Tipp, besuchen Sie auch "meine Bücher und eBooks- Seite".



Reich und Arm oder Macht und 

Ohnmacht



»Es geht uns doch gut. Oder meinen Sie etwa nicht? Nun, dann sehen Sie sich doch einmal um in unserem Lande. Die Wirtschaft wächst stetig und die Arbeitslosen gibt es quasi nicht mehr.«

Der Mann aus der Regierungskoalition lehnte sich zufrieden zurück und wartete auf Applaus, der geradezu frenetisch kam. Er hatte eben eine große klatschende Familie.

Die Moderatorin blickte auf ihren Spickzettel, sah dann auf und lächelte optimistisch in die Runde und vergas die Kamera nicht, die sie nicht vergessen durfte da sie ihr, wenn sie nur rhythmisch hinein lächelte den Job garantierte und sie nicht arbeitslos werden ließ.

»Frau Müller, Sie putzen ja gerade schwarz bei den, sagen wir einmal Mayers. Geht es Ihnen denn auch gut?«

Frau Müller knetete ihre Hände und rang um Fassung. Sie war ganz klar ersichtlich keine ausgebildete Kameraprofin.

»Ja, nein, ich meine natürlich nein. Die Mayers zahlen mir nur 3 Euro die Stunde und eine Pause habe ich auch nicht.«

Die Frau der Oppositionspartei wurde Puterrot im Gesicht und ihre Hände zitterten vor Empörung. Das Training mit Herrn Dr. Wohlleben, ihrem persönlichen empirischen Verhaltensforscher zeigte hart erarbeitete Ergebnisse.

»Da sehen Sie, sie hören es ja. Die arme Frau muss schwarz putzen gehen und das für 3 Euro die Stunde! Wissen Sie eigentlich, was mich meine Putzfrau kostet? Die ist angemeldet und ich muss ihr sage und schreibe den vollen gesetzlichen Mindestlohn zahlen, sonst mache ich mich strafbar. Nennen Sie dass etwa soziale Gerechtigkeit?«

Die Moderatorin wurde kurz besorgt. Das stand nicht auf dem Zettel. Sie musste improvisieren, da sie richtigerweise vermutete, dass ihr Intendant mit Parteibuch ihre Sendung begutachtete.

Sie brauchte jetzt ganz schnell unbedingt etwas weichgespültes, etwas nettes oder amüsantes das die schwer aufgeregten Gemüter beruhigte. Sie entschied sich spontan für den Wirtschaftsweisen. Der war nach ihrer Erfahrung immer für lau und flau zu haben.

»Herr Prof. Dr. Dr. Ahnungslos. Sie gehören ja dem Rat der Wirtschaftsweisen an, was denken Sie, könnte man den Mindestlohn nicht bei 3 Euro deckeln, oder einfrieren, damit Frau Müller sich nicht mehr so diskriminiert fühlt und aus ihrer kriminellen Situation herauskommt und wieder ein ordentliches Mitglied unserer Gesellschaft werden kann?«

Der Wirtschaftsweise musterte Frau Müller mit scharfen und vorwurfsvollem giftigen Blick, ehe er sich bequem ins Polster zurücklehnte und seine Brille mit seiner gelben Krawatte putze. Er ließ sich Zeit, da er annahm, dass seine Meinung zählte und Gewicht hatte.

»Nun«, kam es gedehnt von ihm, »nun, man könnte der Frau Müller, natürlich nur unter gewissen sozialökonomischen Gesichtspunkten, die selbstverständlich juristisch betrachtet, weder abgesichert noch irgendwie entschuldbar wären, ausnahmsweise eine Amnestie gewähren. Aber selbstverständlich nur unter der Betrachtung eines umfassenden Schuldeingeständnisses und der sofortigen Zahlung ihrer rückständigen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Um zu Ihrer Frage zurückzukommen, ja man könnte den Mindestlohn, der meines Erachtens sowieso viel zu hoch ...«

Die Frau der Oppositionspartei sprang behände auf den Tisch. Die schwarzen Seidenstrümpfe, mit Strass besetzt, funkelten sehr hübsch in die Kameralinsen und dem Kameramann wurde warm, so untenrum.

»Nicht mit mir! Der Mindestlohn bleibt mir unangetastet. Das habe ich und meine Partei unseren Wählern und Wählerinnen versprochen. Dafür haben wir hart gekämpft. Und wenn irgendwer denkt, ich ließe mich einfach so zum Mundhalten nach Brüssel abschieben, dann sage ich, da haben Sie sich ganz schön geschnitten.«

Mit ihren Gucci-Pumps kickte sie flott das Wasserglas des politischen Gegners um. Da der aber wusste, dass Wasser keine Flecken auf seinen Armani-Anzug verursachen würde, blieb er gelassen und lächelte wieder ins Familien-Publikum, stellte sich tapfer und produzierte sein vielfach, vor seinem Garderobenspiegel geprobtes Überlegenheitslächeln auf sein Gesicht.

»Nun meine Liebe, ihre linke politische Gesinnung ist ja jedem hier und ganz besonders meiner Frau und meinen beiden Söhnen bekannt. Meine Familie und ich haben ihre politischen Forderungen bei unserer Reinemachefrau, ich bestehe hier auf eine korrekte und nicht diffamierende Berufsbezeichnung, sogar um 8 Cent überschritten. Das nenne ich monetäre Aufwertung sowie soziale Akzeptanz der erbrachten Dienstleistungen von Frauen die ja sonst nichts anderes können als putzen. Und vor allen Dingen meinen großen Respekt vor unseren putzenden, weiblichen Mitbürgern möchte ich hier und jetzt ganz deutlich zum Ausdruck bringen.«

Die Moderatorin folgte ihren Instinkten. Ihr Bauchgefühl befahl ihr, unauffällig ihre Cartier vom Handgelenk abzunehmen ... mehr im Buch

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Michael Uhlworm


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Freitag, 25. September 2020

"Die Show" - eine kleine Leseprobe aus meinem Buch: Das Buch der Satiren - Bitter & Schwarz!

 

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

heute habe ich einmal wieder für euch eine Leseprobe aus meinem neuen Werk "Das Buch der Satiren - Bitter & Schwarz!"

Ich wünsche viel Vergnügen. Und bitte nicht vergessen, es ist alles nur Satire. Besuchen Sie auch meine Seite "meine Bücher und eBooks".

Herzlichst

Michael Uhlworm



Die Show

Ein Quotenhit war garantiert mit dieser neuen Fernsehshow, so viel war sicher. Der international agierende Produzent, Paule Makemoney rechnete mit satten 68,5% Marktanteil, zumal die Ausstrahlung im Fernsehen zur besten Sendezeit stattfinden sollte.

Das Moderatoren-Pärchen Erni Lachmichtod und Britte Kalauer waren gewiefte Präsentationsprofis, mit den allerbesten Referenzen aus der Versicherungsvertreter-Branche wo sie gemeinsam so manches feuchtfröhliche Betriebsfest moderiert hatten.

Die acht Kandidaten waren allesamt, aus unterschiedlichen Gründen total pleite und würden bei dem Kampf um das üppige Preisgeld untereinander keine Gnade kennen und sich zur Not und durchaus erwünscht, bis aufs Messer bekriegen. Vielleicht, so feixte der Produzent hoffnungsvoll still in sich hinein, würde sogar ordentlich Blut fließen und er beschloss, einen Insiderhandel mit sich selbst abzuschließen und über seinen Schwager schnell ein paar Aktien, des führenden Boulevardblattes und des ausstrahlenden Senders kaufen. Er träumte schon von einem Chalet am Lugano See.

Regisseur der Show sollte Olli Nunmachmal sein und als Location war der Baggersee Loch Betty vorgesehen, der so was von abgelegen lag und weitläufig mit einem zehntausend Volt Elektrozaun umschlossen war, dass ein enervierter Kandidat, keinerlei Fluchtmöglichkeit besaß, außer er verfügte über einen privaten Hubschrauber, was aber bei den verarmten Kandidaten selbstredend ausgeschlossen war.

Paule Makemoney begrüßte das gesamte Team an einem strahlenden Sommertag im August am Rande von Loch Betty, den mit schmutzig braunem Wasser gefüllten Baggersee.

»Ich freue mich heute außerordentlich das gesamte Team unserer neuen und grandiosen Show mit dem Titel: SCHAU UND SAG WOW, begrüßen zu dürfen.

Unser Regisseur Olli Nunmachmal, hat sich mit seinem Kreativteam wirklich außerordentliche Spiele erdacht, die unseren acht Kandidaten ganz gewiss großen Spaß bereiten sollten und von unserem Moderatorentandem, Erni Lachmichtod und Britte Kalauer mit viel Ach und Krach begleitet und kommentiert werden.

Nun meine lieben Freunde, genug von meiner Faselei. Lassen wir die Spiele beginnen an deren Ende der Sieger, oder die Siegerin sage und schreibe eine Million Euro gewinnt. Die anderen gehen leider leer aus. Ich erteile unserem lieben Regisseur Olli das Wort.«

Olli Nunmachmal war ein eher robuster Typ von Mann, der sich mit seinen Einmeterachtundfünfzig schwertat, mit Menschen über Einmetersechzig und schon aus diesem Grund den Beruf des Regisseurs bewusst gewählt hatte um das unwidersprochene Sagen zu haben. Seine Regieassistentin Ursel Kleinlaut, konnte ein Lied davon singen, wenn man Olli zu widersprechen versuchte, daher gab sie auch selten Laute von sich, wenn ihr Chef sprach oder schrie.

Gerade jetzt aber, so ganz am Anfang, wollte sich Olli Nunmachmal von seiner charmanten Seite zeigen und den acht Kandidaten, die sich vor ihm aufgereiht hatten unbegrenztes Vertrauen in ihn einflößen.

»Also Freunde ich sag mal kurz, ich bin hier der Regisseur und damit euer Boss. Namen sind für mich Schall und Rauch«, er baute sich vor der ersten Kandidatin, die ihn um mindestens zwanzig Zentimeter überragte auf, tippte ihr mit seinem Zeigefinger auf den Bauchnabel und sagte, »du bist die Nummer eins. Und der da ist die Nummer zwei und so weiter. Also ungerade Zahlen heißt weiblich, gerade Zahlen heißt männlich. Merkt euch eure Zahlen gut sie sind jetzt eure Namen, denn ich sage nichts zweimal.«

Die umsichtige Regieassistentin Ursel Kleinlaut hatte schnell acht Blätter von dem zweilagigen Klopapier, was die Crew aus hygienischen Gründen immer in kleineren Mengen mit sich führte abgerissen, mit den Ziffern eins bis acht beschriftet und tackerte jedem Kandidaten und jeder Kandidatin mit einem handelsüblichen, batteriebetriebenen Handtacker die entsprechende Nummer auf die Stirn.

Da hier und da ein wenig Blut floss, spendierte sie allen ein Papiertaschentuch zum Abtupfen dazu.

Das Blut des Regisseurs dagegen geriet jetzt in Wallung. Mit einer kurzen und knappen, aber unmissverständlichen Handbewegung, die an das Fallbeil einer Guillotine aus dem ausgehenden achzehnten Jahrhundert erinnerte, forderte er das Moderatorentandem dazu auf, unverzüglich mit dem Moderieren zu beginnen. Die Kamera lief auf Hochtouren, die Aufzeichnung konnte beginnen.

Sofort sprangen Erni Lachmichtod und Britte Kalauer vor die Kamera, Mikrofone wurden ihnen gereicht und Ursula Kleinlaut lächelte ihnen optimistisch zu.

»Ja, schönen guten Morgen liebe Leute Zuhause vor den Bildschirmen und in den Arenen. Meine liebe Kollegin Britte Klauer und ich ...«, spontan bemerkte Erni, dass etwas schief gelaufen war und bekam prompt einen überhitzten roten Kopf.

Den hatte er sich auch redlich verdient, befand Olli Nunmachmal ebenso spontan wie sein Moderator und geriet förmlich außer sich vor Wut, sodass er in ein uncharmantes Brüllen verfiel.

»Schwachsinn. Was quasselst du da für einen Blödsinn Mann? Aus welchem Loch bist du denn gekrochen? Wir zeichnen hier eine Abendsendung auf du Heini und da hat ein »Guten Morgen« nichts, aber auch überhaupt nichts verloren. Und die Britte heißt nicht Klauer, sondern Kalauer. Britte Kalauer! Hast du das kapiert und verstanden du Möchtegernmoderator.«

Der Moderator war ein wenig pikiert ob dieses Wutausbruchs seines Chefs. Die acht Kandidaten rückten menschlich näher zusammen und nahmen offen Partei für ihren Chef ein, man wollte es sich nicht schon jetzt mit ihm verderben. Auch Britte Kalauer jubilierte innerlich, fühlte sie sich doch plötzlich in einer Art Moderatoren-Führungsrolle und erhoffte sich jetzt insgeheim bei späteren Vertragsverhandlungen nicht mehr auf die Frauenquote pochen zu müssen.

Paule Makemoney erinnerte sich des horrenden Honorares, welches ihm Olli Nunmachmal aus den Rippen geleiert hatte und wollte nun publikumsverwertbare Resultate von seinem Regisseur sehen, die er dem meistbietenden Sender verkaufen konnte.

»Wann wird endlich das erste Blut fließen Olli? Ich erwarte bald das erste Opfer. Die Show muss sich rechnen Olli. Du weißt, was die Sender wollen, das muss jetzt Schlag auf Schlag gehen mit den Kandidaten, ruck zuck und ab über den Jordan, die akzeptieren keine halben Sachen. Es müssen Werbeplätze für Kinderschokoriegel, Bier und Waschmittel verkauft werden. Also mach hin Olli.«

Olli Nunmachmal war beileibe kein Kind von Traurigkeit und Müßiggang und ließ sogleich das erste Spiel beginnen.

»So meine Damen und Herren, dann wollen wir mal mit der ersten Runde beginnen«, er lächelte teuflisch, »Ursel möchtest du nun bitte unsere Kandidaten aneinanderketten? Du weißt schon die Eins an die Zwei, die Drei an die Vier und so weiter.«

Ursel Kleinlaut gehorchte aufs Wort und kettete wie befohlen die Kandidaten, alle im modischen Badedress gekleidet mit schweren Eisenketten aneinander, sodass sich vier Pärchen bildeten.

Zufrieden betrachtete Olli Nunmachmal die Protagonisten und befahl dem Kameramann, das Ruderboot zu besteigen und ermunterte Ursel Kleinlaut die Ruder zu ergreifen und auf sein Startsignal zu warten.

Die Kandidaten stellten sich zum zum Wasser von Loch Betty hin auf. Ihre Gesichter verrieten verbissene Entschlossenheit. Am Horizont tauchte auf einmal ein Sportflugzeug auf, das ein Banner hinter sich herzog und kam schnell näher, bis es die Gruppe erreicht hatte. Jetzt durften sich die Kandidaten an dem Motivationsschub erfreuen, den die Aufmunterung auf dem Banner erzeugen sollte:

Die Million dem winkt, der nicht ertrinkt!

Dann, urplötzlich ein gellender Pfiff aus einer Trillerpfeife. Das Startsignal! Die schweren Eisenketten hinter sich herziehend arbeiteten sich die Pärchen Schritt für Schritt zum Wasser vor. Nummer Fünf und Sechs waren sensationell schnell am Ufer angelangt, als hätten sie eine Karriere auf einer römischen Kriegsgallere hinter sich gebracht und stürzten sich ins Wasser. Ursel Kleinlaut legte sich nun kräftig ins Ruder, der Kameramann um künstlerische Freiheit bemüht filmte drauflos.

Olli Nunmachmal fragte Paule Makemoney, ob er den versprochenen Hai besorgt hatte. Der verneinte zerknittert, es hätten sich keine baggerlochfähigen Viecher finden lassen.

»Scheiße«, schrie der Regisseur, »wie sollen wir denn jetzt an Blut kommen?« Hektisch sah er sich um und entdeckte den Praktikanten. Ihm kam eine geniale Idee.

»Du da los jetzt. Du tauchst denen hinterher und ziehst an der erstbesten Kette, die du zu fassen bekommst und lässt nicht los. Verstanden? Lass sie ruhig ein bisschen zappeln und nicht zu schnell ertrinken. Das ist wichtig für die Dramaturgie. Los jetzt und unterstehe dich im Kamerabild aufzutauchen. Alles muss ganz natürlich auf die Zuschauer wirken Und jetzt mein Junge, hole tief Luft und tauche.«

Paule Makemoney war stolz auf sich und fühlte sich für sein gutes Händchen bei der Wahl seines Regisseurs bestätigt. Beinahe spielerisch versank das Pärchen 3 und 4, die als Letzte im Rennen lagen in den Fluten des kühlen Baggersees.

Als der Praktikant nach Luft ringend dem Wasser entstieg, empfing ihn der frenetische Applaus der Fernsehcrew und die überlebenden Kandidaten wollten gar nicht aufhören ihn abzuknutschen.

Doch Olli Nunmachmal ließ erst gar keine Partystimmung aufkommen. Arbeit war Arbeit. Er fragte den Produzenten, ob er denn wenigstens an die Piranhas gedacht hätte, »Wir brauchen jetzt unbedingt Blut. Nichts ist dramatischer als richtiges Blut und das muss in Massen fließen.« 

Weiter geht es im Buch.


Michael Uhlworm
Das Buch der Satiren
In diesem Buch nimmt Sie der Autor, Michael Uhlworm mit auf eine satirische und humorvolle Reise ins Absurde, wie er es in seinen früheren Werken wie beispielsweise »Schöne Aussichten - bei diesen Nachbarschaften!« Teil 1 und 2 oder in "Herr Müller ...
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                                                Etwas zur Entspannung mit meiner 

                                                Yoga-Lehrerin Angelika Dörenberg 


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Sonntag, 13. September 2020

Leseprobe: Von Maklern und Immobilien

 

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

 durch Corona sind auch meine Möglichkeiten Lesungen aus meinen Büchern zu halten, mehr als eingeschränkt. 

 Alle Veranstaltungen bei denen ich fest gebucht war, wurden abgesagt.

 Doch wie ein Sänger der gehört werden möchte, möchte ich als Autor gelesen werden. Hier also eine kleine Leseprobe für Sie aus meinem neuen Buch. Besuchen Sie auch meine Seite "meine Bücher und eBooks".

Ihr 

Michael Uhlworm



Von Maklern und Immobilien


Herr Kauz war von Beruf zugelassener Makler. Wohnungsmakler, um präzise zu sein. Er war sehr einverstanden mit seinem Beruf, auch wenn der nicht den besten Ruf genoss.

Wohnungsmakler standen, vor allem bei Wohnungssuchenden im Allgemeinen unter Verdacht, sich immer nur die Provisionen in die Tasche stecken zu wollen, ansonsten von ordentlicher Arbeit aber nicht viel hielten. Dementsprechend war der Maklerberuf nicht allzu gut angesehen. Das machte Herrn Kauz immer einmal wieder ein bisschen traurig.

Gerade jetzt war er besonders traurig. Er hatte nur einen einzigen Auftraggeber, der viele Häuser in der Stadt sein eigen nannte. Die Betonung lag auf, nannte. Jetzt war er verstorben. Leider so plötzlich und unerwartet, dass Herrn Kauz keine Zeit geblieben war, sich nach neuen Auftraggebern umzusehen und zu akquirieren.

Es hätte auch nicht so schlimm um die Auftragslage von Herrn Kauz gestanden, wäre der Erbe, der letzte Enkel, nicht von der ganz jungen und gierigen Sorte von Erben gewesen. Der hielt sehr wenig von soliden, wiederkehrenden Mieteinnahmen und hatte alle Bestandsimmobilien razfaz an ein Unternehmen verkauft, dass sich auf den Vertrieb von Eigentumswohnungen spezialisiert hatte. Für einen seriösen und korrekten Makler seiner Art hatten die neuen Eigentümer leider keine Verwendung. Sie suchten ausschließlich nur junge, dynamische Verkäufer, vorzugsweise solche, welche im Gebraucht-wagenhandel oder etwa in der Vertreterbranche gescheitert und daher besonders hungrig auf schnelle Provisionen waren.

Alles in allem eine sehr verdrießliche Situation für Herrn Kauz, zu der sich seine jetzt angespannte finanzielle Lage gesellte. Verplante, zukünftige Provisionen würden jetzt nicht mehr eintrudeln und sein Konto hatte eine bedenkliche Schieflage und würde seinen Kopf nicht allzu lange über Wasser halten.

Seine vermeintliche Rettung fand er bald in seinem Briefkasten in Form eines Briefes vor. Die Immobilien Müller und Maier GmbH suchte einen erfahrenen und unbedingt sehr seriös scheinenden Wohnungsmakler für ein tolles und hervorragendes Immobilienobjekt in bester Lage und man befand Herrn Kauz als genau den richtigen Mann diese anspruchsvolle Aufgabe auszufüllen, zumal er ja gerade arbeitslos geworden war.

Die Herren Müller und Maier erwarteten seinen freundlichen Besuch. Terminvorschlag: Am besten Morgen um 10.15 Uhr mitteleuropäischer Zeit.

Herr Kauz war pünktlich und saß in seinem besten Anzug, weißem Hemd und blauer Krawatte im Vorzimmer, seine Kunstleder-Aktentasche auf seinem Schoß und bewunderte die brünette Sekretärin wie sie mit außerordentlicher Präzision ihre Zehen lackierte und sich anschließend mit unglaublicher Anmut die Lippen nachzog.

Noch nicht ganz zufrieden, begann sie mit einer Pinzette in der Rechten und einem kleinen Spiegel in der Linken, ihre Augenbrauen zu zupfen.

Herr Kauz, zeitlebens ohne eigene Frau bedauerte, dass er so wenig Erfahrungen mit dem weiblichen Geschlecht hatte sammeln können. Aber wie denn auch?

Er entschuldigte sich ganz schnell bei sich selbst. Sein Leben war dermaßen mit Terminen angereichert gewesen, dass er keine Zeit für eine Frau, schon gar nicht für eine dauerhafte Beziehung, hätte einschieben können.

Die Bürotür flog beinahe pünktlich um 11.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit auf. Die Sekretärin sah gelangweilt, ohne ihr Tun zu unterbrechen, auf.

»Tach Chef eins. Der da wartet auf dir, sagt, er hätte einen Termin mit dich und Chef zwei.«

Chef eins bemerkte Herrn Kauz und zauberte sein Frauenherzbrecher-Lächeln auf sein gerötetes feistes Gesicht, streckte beide Arme wie zu einer warmen Umarmung aus und rief: »Aha ja, ich erinnere mich an Sie Herr ..., wie war doch noch mal Ihr Name? So viele Termine, so viele Namen, da kann man ja mal durcheinandergeraten.«

Herr Kauz wusste, was sich gehörte und war sofort von seinem Stuhl aufgesprungen, seine Kunstleder-Aktentasche landete dabei vor die Schuhe von Chef eins.

Das war auch gut so, denn beinahe hätte er die tiefe Verbeugung vergessen. Schnell holte er sein Versäumnis nach und griff im letzten Drittel seiner Verbeugung zielsicher schnell nach der Tasche.

»Aber bitte, das macht doch wirklich keine Ursache Herr Chef eins. Mein Name ist Kauz und ich habe einen Termin heute um 10.15 Uhr mit Ihnen und Chef zwei.«

Chef eins sah verdattert die Sekretärin an, die gerade einen weiteren Knopf an ihrer Bluse geöffnet hatte und kurz ihr üppiges Dekolette begutachtete um es dann umgehend Chef eins zu präsentieren.

»Bitte Mimi nicht jetzt. Ich und Chef zwei hatten einen Termin? Wieso sagt uns das denn Niemand? Mimilein, wir bezahlen dich aber auch fürs gelegentliche arbeiten.«

Mimi zog die Augenbrauen hoch und knöpfte beleidigt die Bluse wieder zu um dann ihren kleinen, roten Schmollmund zu öffnen.

»Und was sach ich dem Typ, der euch beide immer sprechen will? Der sacht immer so Sachen wie Geschichtsbeschluss und Findung oder so ähnlich. Ich halt den für ganz schön bekloppt.«

Eine leichte Röte breitete sich im Gesicht von Chef eins aus.

»Och der. Sag dem einfach, beide Chefs sind unbekannt verreist und das du den Laden gerade alleine schmeißt.«

Er knipste im Umdrehen jetzt sein umwerfendes Frauenflachleger-Lächeln an und strahlte Herrn Kauz an.

»Ja Herr ..., wie hießen Sie doch gleich? Termin um Termin, Sie verstehen? Sie sind doch nicht etwa der Gerichtsvol ...? Aber nein, Sie sehen so harmlos aus, bitte folgen Sie mir doch in unser Büro.«

Herr Kauz wollte gerade seinen Namen bei Chef eins in Erinnerung bringen, als dieser ihn auch schon kräftig an den Schultern packte und ihn durch die Tür in den düsteren Raum dahinter schob.

»Ja wo ist er denn? Hallo Maier wo steckst du denn schon wieder?« Chef eins steckte geschickt eine Kerze an, »Diese Stadtwerke, also wirklich die haben ihren Laden einfach nicht im Griff. Immer diese unangenehmen und plötzlichen Stromausfälle.«

Herr Kauz konnte jetzt im Kerzenschein die Umrisse eines großen Schreibtisches, in Eicheoptik ausmachen.

Unter diesem krabbelte jetzt flink ein kleiner Mann mit Halbglatze hervor. Leicht außer Atem, richtete er sich übergewichtig auf und streckte Herrn Kauz seine fleischige Hand entgegen um damit butterweich zuzudrücken. Seine sanften Augen blickten in seine.

»Gestatten, Maier mein Name, firmenintern auch Chef zwei genannt. Und Sie sind Herr ...? Ich bitte um Verzeihung. Termine, ständige Besprechungen und der ganze Kram. Da kann man schon mit den Namen durcheinander kommen.«

Herr Kauz ergriff die Hand und wunderte sich kurz über deren schwammige Kraftlosigkeit. »Kauz ist mein Name und wir hatten einen Termin heute um ...«, weiter kam er nicht. 

Weiter geht es im "Buch der Satiren - Bitter & Schwarz"


Michael Uhlworm
Das Buch der Satiren
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Selbstverständlich ist mein Buch auch in jeder stationären Buchhandlung und/oder anderen Online-Plattformen zu erhalten. Besuchen Sie auch meine Seite "meine Bücher und eBooks".

                                       

                                        Wie Sie es mittlerweile von mir gewohnt sind, 

                                        hier einmal eine Entspannungsübung für die Pause. 

                                        Online mit meiner Yoga-Lehrerin Angelika Dörenberg.